Elektro(nik)altgeräte und die Basler Konvention:
Zum IERC 2025 traf sich die Branche zum letzten Mal in der Mozartstadt. Ab 2026 ist Valencia Veranstaltungsort der Fachtagungsreihe, die von der Schweizer ICM AG organisiert und von einer Ausstellung flankiert wird. Guillemette Vachey von der Europäischen Kommission skizzierte zum Auftakt die Kreislaufwirtschaftspolitik der EU und ging dabei auf den Circular Economy Action Plan, den Green Deal sowie den Green Industrial Green Deal ein. „Die EU-Regularien legen mehr Gewicht auf die Herstellerverantwortung für WEEE“, äußerte Vachey an dieser Stelle knapp. Vage blieb die Referentin auch, wie die EU illegale Verbringungen von Elektro(nik)altgeräten und E-Schrott über Europas Grenzen unterbinden will: Maßnahmen müssten entwickelt werden. Die EU hat dazu einen Konsultationsprozess gestartet. Wirtschaft und Industrie sind aufgefordert, sich mit Ideen und Lösungsvorschlägen einzubringen. „Wir brauchen Lösungen für heute und nicht erst in zehn Jahren“, bekräftigte Guillemette Vachey.
Worauf sich die EU bezieht
Paul Hagen (Beveridge & Diamond, USA) erläuterte anschließend die Änderungen des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung. Das betrifft auch den Ein- und Ausfuhrhandel mit gebrauchter Elektronik, E-Schrott, Batterien und Kunststoffen. Grenzüberschreitende Abfallverbringungen benötigen die Zustimmung des Ausfuhrlandes, sämtlicher Durchfuhrländer sowie des Einfuhrlandes. Insbesondere sollen hierdurch Staaten geschützt werden, die nicht über die notwendigen technischen Voraussetzungen für den Umgang mit gefährlichen Abfällen verfügen. Seit 1992 in Kraft, sind der Basler Konvention bis heute 192 Länder beigetreten – nicht aber die USA, die als einzigesentwickeltes Land weiterhin die Ratifizierung des internationalen Umweltabkommens verweigern. Eigenständiger Vertragspartner ist die Europäische Union. Nach der Revision des Übereinkommens im Jahr 2022 sind die Vertragsparteien verpflichtet, ihre gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Verbringung von Elektro(nik)altgeräten anzupassen. Die EU-Abfallverbringungsverordnung bezieht sich auf die Basler Konvention. Auf die im Sommer 2024 beschlossenen Änderungen – alle Ein- und Ausfuhren von Elektro(nik)altgeräten und E-Schrott wurden in den Geltungsbereich des Übereinkommens aufgenommen – reagierte die EU-Kommission mit zwei delegierten Rechtsakten: Seit dem 1. Januar 2025 gelten strengere Vorschriften für die Verbringung sowohl gefährlicher als auch nicht-gefährlicher elektronischer Abfälle in Staaten außerhalb der EU (Drittstaaten). Die Verbringung von gefährlichem und ungefährlichem WEEE in OECD-Drittstaaten erfordert eine vorherige schriftliche Notifizierung und Zustimmung. Für Nicht-OECD Drittstaaten ist die Verbringung von Elektro(nik)altgeräten sowie E-Schrott aus der EU vollständig untersagt. Bei Verbringungen innerhalb der EU ist die Notifizierung zunächst auf gefährliche Altgeräte beschränkt. Die Verbringung von nicht-gefährlichem WEEE unterliegt einstweilen nur den allgemeinen Informationspflichten (Anhang VII-Dokument). Ab dem 1. Januar 2027 ist dann auch für diese Altgeräte eine schriftliche Notifizierung erforderlich. Diese Übergangsregelung ist an die Einführung eines neuen zentralen Informationssystems gekoppelt, das gemäß Artikel 27 der überarbeiteten EU-Abfallverbringungsverordnung ab dem 1. Januar 2027 einsatzbereit sein soll. Ziel dieses digitalen Meldesystems ist es, den bürokratischen Aufwand für grenzüberschreitende Abfallverbringungen zu reduzieren.
Neue Einstufungen
Der Abfallcode Y49 ersetzt die Codes B1110 und B4030 und gilt nunmehr für nicht-gefährliche Altgeräte. Y49 erfasst auch Abfallbestandteile und Abfälle aus der Verarbeitung von Altgeräten. Bis zum 31. Dezember 2026 können für WEEE-Verbringungen innerhalb der EU noch die grüngelisteten Abfallcodes GC010 und GC020 verwendet werden. Für Verbringungen außerhalb der EU ist das nicht möglich. Elektro(nik)altgeräte die Cadium, Blei, Quecksilber, halogenorganische Verbindungen oder andere in Anhang I der EU-Abfallverbringungsverordnung aufgeführte gefährliche Bestandteile enthalten – oder damit so verunreinigt sind, dass die Abfälle ein Merkmal des Anhangs III aufweisen – unterliegen jetzt dem Abfallcode A1180.
„Wir transportieren keinen Abfall”
Paul Hagen kritisierte zudem, dass in den Regularien WEEE immer noch als Abfall definiert ist. Es ist nicht von Wertstoffen, die wiederverwertet werden können, die Rede. Der Referent sprach sich für eine Klarstellung aus: Was ist Abfall, was ist Müll, und was sind Wertstoffe zur Verwertung. „Wir transportieren keinen Abfall, sondern Wertstoffe“, brachte es Hagen auf den Punkt und ging dann auf den OECD-Ratsbeschluss C(2001)107 ein, der die Verbringung von Abfällen zwischen OECD-Ländern regelt. Die OECD-Bestimmungen ähneln denen der Basler Konvention, weisen aber Handelserleichterungen auf. Es besteht Unsicherheit darüber, nach welchen Regularien – Basel, EU, OECD – WEEE international ein- und ausgeführt werden kann und welche Notifizierungsverfahren für welche Altgeräte greifen. Machen vereinzelte Stoffe in einer Materialcharge aus ungefährlichem E-Schrott gleich gefährlichen E-Schrott? Die nachfolgende Podiumsdiskussion vertiefte das Thema. Moderiert von Jean Cox-Kearns (Lenovo, Irland, Vorsitzende des IERC-Lenkungsausschusses) nahmen daran teil: Rolph Payet (Secretariat of the Basel, Rotterdam and Stockholm Conventions), Thierry van Kerckhoven (Umicore, Belgien), Paul Hagen (Beveridge & Diamond, USA) und Martin Zigmond (Reconext Europe). Die Experten erwarten, dass die grenzüberschreitende Verbringung von WEEE durch die Neuerungen in den Regelwerken erschwert wird, was sowohl nicht-gefährliche als auch gefährliche Gebraucht- und Altgeräte sowie Schrott angeht. Festgestellt wurde, dass die Basler Konvention und EU-Abfallverbringungsverordnung es Entwicklungsländern ohne entsprechende Anlagen praktisch unmöglich machen, ihr WEEE-Vermüllungsproblem zu lösen. Sie können nicht einfach Elektro(nik)altgeräte, die massenhaft aus aller Welt bei ihnen anfallen und auf riesigen wilden Müllkippen – wie in Ghana – abgelagert werden, in OECD- und EU-Länder ausführen, die über Recyclingkapazitäten verfügen, und die rückwonnenen Wertstoffe selber vermarkten beziehungsweise damit Handel treiben. Wie die Diskussion abschließend zeigte, geht der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft ein vollständiges Verbot der Verbringung nicht-gefährlicher Elektro(nik)altgeräte aus der EU in Nicht-OECD-Drittstaaten zu weit. Befürchtet wird eine Beeinträchtigung des EU-Binnenmarktes für Abfälle. Erforderlich seien globale Lösungen. Der Export und die Weiterbehandlung von WEEE in Anlagen mit EU-vergleichbaren Umweltstandards sollten durch transparente Verfahren ermöglicht werden. Grundsätzlich müssten Abfallverbringungen vereinfacht und entbürokratisiert werden
Source: EU-Recycling, March 2025